Am Dienstag, 28.2.2012, verkündete das Bundesverfassungsgericht das Urteil in Sachen Beteiligungsrechte des Bundestags am EFSF. Das Urteil selbst ist eine typische BVerfG-Verschleierung der Aushöhlung der Demokratie: Ja, aber…
Die Massenmedien verstehen typischer Weise nicht – oder wollen nicht verstehen – was da eigentlich entschieden wurde. Zitat aus der sonst noch recht objektiven FAZ: „Die Schaffung des sogenannten Neuner-Gremiums für eilige Entscheidungen zur Euro-Rettung ist im wesentlichen mit dem Grundgesetz unvereinbar“ (eine zutreffende Analyse aus den alternativen Medien siehe hier von radio-utopie).
Wesentlich ist aber Anderes am Urteil des BVerfG:
1. Es darf in einem Ausschuss über Beträge entschieden werden, die so groß wie ein ganzer Jahres-Bundeshaushalt sein können. Ob das nun ein neuner-Ausschuss oder der Haushaltausschuss ist, und ob dieser die Fraktionsgrößen widerspiegeln muss, ist im Grunde belanglos.
2. Es darf in geheimer Sitzung entschieden werden, das heißt die Bürger werden vollständig von der staatlichen Entscheidungsfindung ausgeschlossen.
3. Es muss nicht notwendig und in jedem Fall das Plenum des Bundestages entscheiden. Im Gegenteil, eine weitreichende Entmündigung des Plenums wird ausdrücklich ermöglicht.
4. Es muss schon gar nicht die Bürgerschaft als Ganzes direkt und unmittelbar befragt werden, ob sie überhaupt diesen ganzen Wahnsinn wollen.
Das Bundesverfassungsgericht schützt nicht mehr die Rechte der Bürger dieses Staates. Es schützt auch nicht mehr den Kern der Verfassungidentität, zu der notwendig echte Demokratie gehört.
Das Bundesverfassungsgericht ist nur noch ein Staatsgerichtshof, der seine unmoralischen Urteile für die Öffentlichkeit hübsch verpackt.
Wir jedenfalls haben mit unserer Mahnwache am Tag der Urteilsverkündung vor dem Verfassungsgericht die dort tagenden Antidemokraten an echte, an direkte Demokratie erinnert.
Hier einige Eindrücke:
Info & Kontakt: aktion-direkte-demokratie@email.de.
Kommentare zu: "Eindrücke von unserer Aktion vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe" (4)
[…] Getreue (hier vier davon) haben gestern mit einer Mahnwache in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht […]
Die Tages- und Uhrzeit war leider sehr ungünstig, sonst wäre ich gerne dabei gewesen!
Wenn die Demokratie am sterben ist, kommt die Knechtschaft.
Wer diese als gut befindet, soll daheim bleiben und irgendwelche blöden TV
Verdummungssendungen schauen – alle anderen, die noch selbst über ihr Leben
(zumindest teilweise) bestimmen wollen, müssen auf die Straße!
Meinen Respekt und Hochachtung für Herrn Dr. Seitz und seine Mitstreiter.
Aber diese Art von Demonstrationen muss grösser, viel viel grösser werden.
Bitte nicht unterkriegen lassen !
mfg. Werner
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Entscheidung des BVerfG zu diesem Thema ist doch weder neu noch überraschend, obwohl ich nach dem Lissabon-Urteil einen kleinen Hoffnungsschimmer hatte. Sie ist aber vom gleichen Geist bestimmt wie das Urteil von 1998, als es um die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung, also die eigentliche Ursache der heutigen Krise, ging; als die Falle aufgestellt wurde, in der wir jetzt sitzen: Dem Geist des Zusammengehens von Legislative, Exekutive und Jurisdiktion gegen die von Montesquieu entwickelte Formel „que le pouvoir, arréte le pouvoir“, also dem Geist der Machtteilung in einem demokratischen System im Interesse des eigenen Wohlbefindens entschieden entgegen zu wirken. Ich habe in einem persönlichen Brief an Abgeordnete der CDU/CSU und der FDP dringend vor einer Zustimmung zum ESM gewarnt, auch vor einem Verfassungsbruch. Die Antwort: Das wurde alles durch den Fiskalpakt und die Aufhebung der no bail out- Klausel in den EU-Arbeitsvereinbarungen geheilt; mit anderen Worten: Unter Demokratie haben wir (CDU/CSU, FDP steht noch aus) Vorstellungen wie Thomas Hobbes im Leviathan: Habt ihr uns erst mal gewählt, habt ihr euch auch verkauft.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Peter Kraa